Eine weitere lange Reise
26 Stunden im gleichen Bus. Zuerst das Meer rechts, die Wüste links, dann auf beiden Seiten Wüste. Genau so sehen die Bilder vom Mars aus, die ich regelmässig von der NASA per Internet erhalte.Und endlich, als der neue Tag anbricht, beginnen Pflanzen die Landschaft zu beherrschen. Ich habe den Grossen Norden hinter mir gelassen und befinde mich nun im sogenannten Kleinen Norden. Santiago rückt näher.
Da bin ich jetzt, in einem Hochhaus, ca. 25 Stockwerke. Im 11. Stock habe ich für vier Tage ein Appartement bezogen. Eine richtige, kleine Wohnung zu tragbarem Preis (50 US$/Tag), mit Kochnische, Herd, Backofen, Kühlschrank, Mikrowellenapparat, Balkon, Bad, super Internetverbindung … Was will man mehr? (Aber glaubt ja nicht, dass ich damit auf das Billig-Reisen verzichtet hätte! Santiago ist teuer, und ich schlafe seit Beginn der Reise in meinem Schlafsack. Ich hasse angezogene Betten und benutze sie deshalb gar nicht. Und 50 Dollar ist nicht viel.)
Die Aussicht gefällt mir, richtiges Stadtgefühl kommt auf. Ich mache, was ich in einem solchen Fall immer tu: ich begebe mich auf einen ersten Stadtbummel. Zum Glück habe ich nie Probleme gehabt, mir das Grundmuster einer Stadt sofort einzuprägen. Sich in Santiago zurechtzufinden, ist einfach (Schachbrettmuster im Zentrum). Ich klicke mit meiner Ersatzkamera mal hier-, mal dorthin und hoffe, dass wenigstens ein paar Aufnahmen brauchbar sind (ich merke jetzt wirklich, wie mir die gute, alte Nikkon fehlt!).
Die Plaza de la Constitución: Hier steht der Regierungspalast La Moneda. Auch eine Statue des 1973 von Pinochet gestürzten Präsidenten Salvador Allende befindet sich hier.
In der City, wo eine Bank neben der anderen steht (viel schlimmer als in Zürich!), bilden die allgegenwärtigen Schuhputzer quasi den sozialen Gegenpol zu den emsig herumhastenden und eitlen Bankern und Businessmen(-women). Schwer gepanzerte Spezialfahrzeuge für Geld- und Wertpapiertransporte stehen in vielen Gassen Schlange.
Sofort aufgefallen ist mir, wie sich Geschäfte branchenmässig in bestimmten Blöcken und Strassen konzentrieren. Da gibt es zum Beispiel nur Kleider- oder Schuhgeschäfte, Kopieranstalten, Elektronikartikel-Anbieter. Aber überall gibt es Apotheken – massenweise, extrem! Sind die Chilenen so krank? Oder gibt es hier noch mehr Hypochonder als in der Schweiz? Irgendwie geht bei mir die Rechnung hier nicht auf …
Die Hektik in den Strassen ist dieselbe wie in vielen europäischen Grossstädten. Alle hetzen irgendwelchen Geschäften nach – oder tun wenigstens so, als ob. Auch die Strassenverkäufer schreien sich die Stimme heiser.
Zum Glück trifft man aber immer wieder auf Ecken, in denen es gemütlicher oder lustiger zu und her geht.
Morgen geht´s nach Valparaiso. Hasta luego!