Cusco – schön, interessant und chaotisch
Nun bin ich also in Cusco (3416 m), später in Puno (3800 m). Ein paar Tage in Städten, die ebenso hoch oder höher liegen als das Jungfraujoch. Und während man bei solchen Höhen bei uns in den Alpen die Baumgrenze längst hinter sich gelassen hat, grünt und blüht es hier noch viel weiter hinauf.
Eine chaotische Taxifahrt – überall Polizei wegen Demonstrationen, blockierte Strassen – brachte mich dann vom Flughafen ins Hotel, mitten im historischen Zentrum. Das Hotel ist o.k., hat einen grossen Innenhof mit einem riesigen Wandmosaik. Mein Zimmer geht direkt auf eine Galerie in diesen Hof hinaus, hat aber – etwas ungewohnt – keine Fenster nach aussen und ist sackdunkel ohne künstliches Licht; und das ist wiederum ziemlich trüb …
Cusco ist teuer, der teuerste Ort, an dem ich bisher war. Man kann sagen, dass hier durchaus Touristen-Nepp stattfindet. Allein das Taxi vom Flughafen zum Hotel kostete mich, trotz feilschen, 80 Soles oder 25 Schweizer Franken. Die Leute sind hier total auf den Tourismus eingestellt. Für jede archäologische oder historische Sehenswüdigkeit wird Eintritt verlangt. Und besonders teuer wird es, wenn man solche in der Umgebung der Stadt besuchen will. Es gibt das Boleto Turístico, das für einen Tag oder für mehrere den Besuch von Museen und einiger Inka-Ruinen erlaubt. Ich nahm eines für einen Tag, was 70 Soles kostete. Erst recht teuer wird es, wenn man zum Beispiel die weltberühmte Inka-Stadt Machu Picchu besuchen will. Die billigsten Angebote gehen ab 100 US-Dollar nach oben. Etwas 2500 Menschen machen täglich ihre „Wallfahrt“ dorthin, und es werden immer mehr. Fertig lustig, sage ich mir, ich kann aus zwei Gründen (Kosten und Massentourismus) auf ein weiteres – diesmal peruanisches – „Ballenberg“ verzichten.
Wie in den meisten Städten ist auch hier die Plaza de Armas das Zentrum. Das galt schon zu Zeiten der Inkas. Auf allen vier Seiten gibt es Arkadengänge, mit Reiseagenturen, Wechselstuben, Restaurants. Hier liegt im Norden auch die Kathedrale, auf der angrenzenden Seite links die – viel schönere – Kirche La Compañia. Auch sie stehen (siehe weiter unten) auf Grundmauern der Inkas.
Interessant ist die Calle Hatunrumiyoc. Hier befindet sich die längste und gut erhaltene Inkamauer.
Noch ein paar Eindrücke: Eine Perükenmacherin auf offener Strasse, eine öffentliche Bibliothek, noch oft anzutreffen, der gute „Käfer“, Touristengasse, Kunstgalerie …
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Was ich besucht habe, ist die Inka-Stätte Saqsaywamán. Vor allem die drei hintereinander stehenden, zick-zack-mässig angeordneten, 600 Meter langen Mauern beeindrucken. Sie sind aus zum Teil riesigen Steinquadern und Eckmonolithen zusammengesetzt. Der größte wiegt über 200 Tonnen, ist 9 Meter hoch, 5 breit und 4 m dick. Und zwar fugenlos. Jeder Stein passt millimetergenau auf und neben den andern. Die Steine sollen aus Entfernungen bis zu 20 km hierher gebracht worden sein. Wie das geschah, ist bis heute ein Rätsel, denn die Inka kannten – wie alle anderen Völker Amerikas – das Rad nicht.
Was ich nicht wusste, ist, dass diese Blöcke stellenweise zu bestimmten Bildern zusammengesetzt sind. An einigen Stellen erscheint das Lama im Gesamtmuster der Mauern. Darauf aufmerksam machte mich eine guía der riesigen, viele Hektaren grossen Anlage.
Die Festung war Tempelanlage, astronomisches Observatorium und Verteidigungsanlage gleichzeitig. Zugangstor zu den oberen Mauerwällen war das Rumipunku, das im Notfall mit einem Steinblock verbarrikadiert werden konnte.
Als die Spanier die Festung eroberten, diente sie ihnen als Steinbruch. Aber nur die kleineren Brocken konnten sie abtransportieren. Ihre Häuser, Kirchen und Paläste bauten sie unten in der Stadt auf den Fundamenten der Inkagebäude auf, denn diese konnten sie in ihrer Zerstörungswut nicht beseitigen. Zu mächtig waren sie. Cusco wurde mehrere Male von schweren Erdbeben heimgesucht. Resultat: Die Mauern der Inka überstanden die Beben unbeschadet, während das, was die kolonialen Eroberer drauf gebaut hatten, jedesmal dem Erdboden gleichgemacht wurde …
Noch ein paar Aufnahmen der Anlage. Es gibt zum Beispiel zahlreiche unterirdische Gänge und Wasserleitungen, in die man zu einem kleinen Teil hineinkriechen kann. Stockdunkel, und jederzeit aufpassen, dass man keine Beule kriegt. Die meisten kehren wieder um. Ich wollte mir das Abenteuerchen nicht entgehen lassen und kraxelte mich durch.
Ein gegenüberliegender Felsen, der wahrscheinlich von einem Gletscher flachgeschliffen wurde, dient Kindern als Rutschbahn.
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Ich reise bereits heute Nacht, 25. auf 26. März, ab nach Puno. Grund sind Strassenblockaden und Streiks auf der Hauptstrecke nach Puno und auf der westlichen Nebenstrecke. So fährt der Bus östlich an den Unruhegebieten vorbei, mit einem grossen Umweg. Da bin ich ja mal gespannt!